Eine Beziehung wie gemalt
60 Jahre Liebe und Kunst: Erhard und Ingrid Schiel feiern in St. Peter-Ording diamantene Hochzeit

Jens Mende
ST. PETER-ORDING Gleich am Eingang ihrer Galerie hängt ein Gemälde von Erhard Schiel: „Die nordische Mona Lisa“. Es zeigt Ingrid Schiel als junges Mädchen. Und auch nach nun 60 Jahren Ehe ist sie Inspiration, wichtigste Kritikerin und Mitstreiterin für den bekannten Künstler aus St. Peter-Ording. Ohne sie, so Erhard Schiel, hätte er all seine Phantasie nicht in die vielen Tausend Kunstwerke umsetzen können. „Sie macht alles, was ich nicht kann.“
Als Kinder haben sich Ingrid und Erhard Schiel kennengelernt – in Kiel, er war zehn Jahre alt, sie sechs, im Kino, im Märchenfilm „Hänsel und Gretel“. Später bei den Leichtahtleten ist aus beiden ein Liebespaar geworden, Ingrid war dort als Wettkampfrichterin dabei. „Mit den Sprintern wollte ich erst nichts zu tun haben, das hat ihn gereizt“, erzählt sie. 1965 heirateten die beiden, das erste von zwei Kindern war unterwegs.
An seine Zeit als Leichtathlet erinnern noch ein paar alte Spikes, die in der Galerie zwischen den Kunstwerken hängen: Als Sprinter ist Erhard Schiel 10,4 Sekunden gelaufen über 100 Meter, „eine 10,2 haben sie mir nicht anerkannt“, erinnert sich der 82-Jährige. Bei den Militär-Weltmeisterschaften 1965 in Saloniki holte er einen vierten Platz über 200 Meter.
„Er war ein Sprinter auf der Aschenbahn. So ist er auch beim Arbeiten, Reden und Essen“, charakterisiert Ingrid Schiel (78) ihren Mann. Für eine kleine Radierung braucht Erhard Schiel manchmal weniger als eine halbe Stunde. Aber er hat auch große Kunstwerke geschaffen, so prangt der Heilige Florian als Schutzpatron am örtlichen Feuerwehrhaus. Auch Ingrid Schiel engagiert sich für St. Peter-Ording, lange Zeit war sie Gemeindevertreterin.
Und beide möchten noch mehr zurückgeben, deshalb wollen sie eine Stiftung gründen, die einmal die Gemeinde übernehmen soll. Vielleicht könnte aus ihrer Galerie ein Museum werden, so der Wunsch der Schiels.
Schiel-Bild mit Trump fürs Weiße Haus?
Dankbar, dass dann ein besonderes Bild dabei ist, eventuell ist es aber auch schon in den USA: Schon vor acht Jahren hat Schiel ein Werk geschaffen, das den alten Meister Caravaggio neu interpretiert. „Narziss“ heißt dessen Ölgemälde, auf dem sich ein griechischer Gottessohn in sein eigenes Spielgelbild verliebte – Schiel macht es zu einem Bild mit dem US-Präsidenten Donald Trump. „Ich überlege, ob ich ihm das Bild ins Weiße Haus schicke. Es könnte sein, dass er mich befördert, so unberechenbar ist er“, sagt Schiel ironisch. Seine Beraterin Ingrid rät ihm davon ab: „Das machst du nicht.“
Eiderstedt ist seit Jahrzehnten Wahlheimat der Familie. „Unser Sohn war fünf, als wir zum ersten Mal zum Urlaub in St. Peter-Ording waren“, erinnert sich Ingrid Schiel. 1983 hat das Ehepaar in St. Peter-Ording dann ein altes Haus gekauft. Sei gab 1988 ihren Beruf als Standesbeamtin auf, um als Managerin und Galerie-Leiterin ihren Mann zu unterstützen. „Vorher hatten wir kein Geld“, bemerkt Schiel, durch die vielen Gäste in St. Peter-Ording kam auch wirtschaftlicher Erfolg. Der Künstler hat für Kindergartenkinder und Schüler Führungen und Seminare gehalten, viele Projekte unterstützt.
Das hat auch einen ganz persönlichen Hintergrund. Kinder zu unterstützen, liegt ihm sehr am Herzen: „Uns ging es dreckig am Anfang“, erinnert sich Erhard Schiel. Das Ende des Zweiten Weltkriegs, als er als Kleinkind mit seiner Mutter und Schwester aus Ostpreußen flüchtete, haben ihn geprägt. „Noch heute verfolgen mich die schrecklichen Bilder im Traum“, erzählt der Künstler. Er hatte die Bombardierung Dresdens im Februar 1945 erlebt. „Ich kenne die Geschichte aus eigenem Erleben. Viele von heute können es nicht verstehen, sie sind im Warmen und Trockenen aufgewachsen.“ Auch zu ihrer diamantenen Hochzeit an diesem Mittwoch wollen die Schiels diese Themen nicht aussparen.
Zeitung SHZ: https://zeitung.shz.de/husumernachrichten/3867/article/2235968/18/1/render/?token=25de25b9b26a97bc153a13bc90f94be3&vl_platform=ios&vl_app_id=de.shz.tageszeitung&vl_app_version=16.1.0